Drei Jahrzehnte lang war Boris Karloff einer der drei herausragenden Darsteller des Horror Genres. Mit keinem anderen Schauspieler wird die Rolle von Frankensteins Monster enger assoziiert als mit Karloff – und so gilt er zurecht auch noch über 40 Jahre nach seinem Tod als einer wichtigsten Schauspieler des Horrorfilms.
Karloff erblickte das Licht der Welt unter dem bürgerlichen Namen William Henry Pratt als das jüngste von neun Kindern. Da seine Eltern früh starben, wurde er von seinen Geschwistern in verschiedenen Häusern am Rande Londons erzogen. William wurde in der Prattschen Familientradition, wie schon seine älteren Brüder, von Kindesbeinen an auf eine Karriere in den englischen Kolonien als Verwaltungsbeamter oder beim Militär vorbereitet.
Schon als Kind interessierte er sich für die Schauspielerei und gab beispielsweise als Neunjähriger die Rolle des Dämonenkönigs in einer „Cinderella“ Aufführung. In einem späteren Interview bezeichnete er diese Aufführung als Startpunkt eines „langen und glücklichen Lebens als Monster“.
Während seine sieben Brüder ihrem vorgesehen Weg folgten, und beispielsweise im Diplomatischen Dienst tätig wurden, verweigerte sich William dem Druck der Familie Er brach 1909 sein Universitätsstudium ab und schlug sich zunächst mit Gelegenheitsjobs, z.B. als Landarbeiter, durch.
Noch im gleichen Jahr emigrierte er nach Kanada, wo es ihm gelang seinen Wunsch Schauspieler zu werden, in die Tat umzusetzen. William war als Kind Stotterer, doch mit großer Willenskraft war es ihm gelingen, den Sprachfehler abzulegen und es blieb nur ein Lispeln zurück, das später in der Tonfilm-Ära zu seinem Markenzeichen werden sollte. William tourte bald mit verschiedenen Theatergruppen durch ganz Kanada. Zu dieser Zeit änderte er seinen Namen in Boris Karloff, um der konservativen Pratt Familie die Schande zu ersparen, dass aus ihren Reihen ein schwarzes Schaf, das den Schauspielerberuf ergriffen hatte, hervorgegangen war.
Weitere zehn Jahre später siedelte Karloff nach Hollywood um, wo er innerhalb des nächsten Jahrzehnts an über 50 Stummfilmen mitwirkte. Dabei versah er meist kleinere Rollen. Wegen seiner dunklen Hautfarbe und seinen schwarzen Haaren wurde er meist als Bösewicht und Schurke in kleineren Rollen, u.a. als Dieb und Pirat, besetzt. Zudem gab er oft „Ausländer“ wie Inder, Asiaten, Afrikaner und Mexikaner. In Western spielte er in der Regel einen Indianer.
Nachdem das Ende der Stummfilm-Ära für viele, auch jüngere Schauspieler, ein jähes Karriereende bedeutete, da sie sich in dem neuen Medium Tonfilm nicht zurechtfanden, brachte dieser bedeutende Einschnitt in die Filmgeschichte für Karloff einen enormen Karriereschub.
Ab Anfang der 30er Jahre war Karloff in einer ganzen Reihe anspruchsvoller und sozialkritischer Dramen und Krimis zu sehen. Zu den Höhepunkten gehörten dabei die auch international erfolgreichen und angesehen Filme „Das Strafgesetzbuch“ und „Spätausgabe“.
Schon 1926 hatte Karloff in „Bells“ in einem frühen Horrorfilm mitgewirkt. Die erste große Horrorboom im Kino setzte Anfang der 30er Jahre ein und brachte mit Bela Lugosi in seiner Rolle als „Dracula“ 1931 auch schnell einen ersten Genre-Star hervor. Aufgrund des massiven Erfolgs von „Dracula“ beraumten Universal Pictures mit Frankenstein schnellstmöglich die Film-Adaption eines weiteren Klassikers der Grusel-Literatur an. Lugosi lehnte die Rolle der „Kreatur“ jedoch ab, da sie seinen künstlerischen Ambitionen nicht entsprach. Ein Ersatz fand sich in Karloff, der durch seine Darstellung des Frankenstein-Monsters Unsterblichkeit erlangen sollte. Noch über 80 Jahre später wird kein zweites Gesicht so sehr mit der Kreatur assoziiert, wie das Konterfei Karloffs. Das „Amerivan Film Institute“ führt Frankenstein in seiner Liste der 100 besten Filme aller Zeiten auf Platz 87. Mit Frankensteins Braut und „Frankensteins Sohn“ (1939) brillierte Karloff zwei weitere Mal in seiner Paraderolle.
Er gab aber auch weitere klassische Horror-Rollen wie „Scarface“, „Die Mumie“ („Imhotep“) und Die Maske des Fu Manchu. Zu den frühen Höhepunkten das gesamten Genres zählen auch heute noch die Filme, in denen die beiden Genre-Superstars Karloff und Lugosi zusammen agierten: „Die Schwarze Katze“ (1934), „Der Rabe“ (1935), „Schwarzer Freitag“ (1940) und Der Leichendieb.
In den Vierzigern gesellte sich mit Lon Chaney Jr. ein weiterer Horror-Star zu dem bis dato unangefochten an der Spitze des Genres stehenden Duos. Doch der Stern des Trios sollte Anfang der Fünfziger Jahre mit dem schwindenden Interesse an Horrorfilmen rapide singen. Trotzdem stammen aus dieser Zeit noch erstklassige Streifen wie „Das Schwarze Schloss“ das Lon Chaney Jr. und Karloff Seite an Seite zeigt.
Ende der Fünfziger, Anfang der Sechziger kam es zu einer Renaissance das Horror-Genres durch die Produktionsfirmen „Amicus“ und „Hammer“. Obwohl die neuen Horror-Stars jetzt Vincent Price, Christopher Lee und Peter Cushing hießen, konnte Karloff als Genre-Ikone von der neuen Entwicklung profitieren. Mit „Das Grauen auf Schloss Witley“ (1965) und Die Hexe des Grafen Dracula zeigte Karloff einer komplett neuen Fan-Generation, dass er noch längst nicht zum alten Eisen gehörte. Auch der aufgehende Star der neu entstehenden italienischen Horror-Szene, Mario Bava, wollte 1963 bei „Die drei Gesichter der Furcht“ auf eine Mitwirkung Karloffs nicht verzichten.
Kurz vor seinem Tod drehte Karloff noch vier Filme in Mexiko mit B-Movie-Regisseur Jack Hill, die teils erst posthum veröffentlicht wurden, und die auch heute noch durchaus sehenswert sind.
Obwohl Karloff sechsmal verheiratet war, hatte er nur ein Kind aus seiner fünften Ehe. Seine letzten Jahre lebte er in einem Landhaus in England, seine Beisetzung fand auf eigenen Wunsch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Sie haben noch keine Artikel in Ihrem Warenkorb.