Der Niederländer Paul Verhoeven gehört dank seiner oft ausufernden und überzogenen Darstellungen von Gewalt und Sexualität zu den am kontroversesten diskutierten Regisseuren der Gegenwart. Während ihm manche Kritiker die Verherrlichung von Gewalt vorwerfen, wird er von anderen wegen seiner sozialkritischen, ironischen Umsetzungen von Gewaltentaten geschätzt.
Verhoeven wurde am 18. Juli 1938 in Amsterdam als Sohn eines Lehrers und einer Hutmacherin geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Slikkerveer und Hauge. Als Junge zeichnete er Comics und entwarf dabei den Charakter des Rächers The Killer.
Ab 1955 studierte er in Leiden. 1964 verließ er die Universität mit einem Doktortitel in Mathematik und Physik. Während seiner Promotion besuchte er zudem die Niederländische Film Akademie und drehte erste Kurzfilme.
1965 wurde Verhoeven als Wehrpflichtiger in die Armee einberufen. Er versah seinen Dienst bei der Marine und drehte dabei den Dokumentarfilm Het Korps Mariniers.
1967 heiratete er Martine Tours. Die beiden sind noch heute ein Paar und haben drei Kinder.
1969 drehte er die die zwölfteilige Mittelalter-Abenteuer-Serie Floris für das Holländische Fernsehen. Wegen des geringen Budgets gab es keinen großen Raum für aufwendige Kulissen oder Spezialeffekte. Aufgrund der hervorragenden Dialoge bekam die Serie jedoch beste Kritiken und konnte nicht nur bei der Presse sondern auch bei den Zuschauern punkten.
Für seinen ersten Kinofilm Was sehe ich...! Was sehe ich...!, einer Komödie um zwei Prostituierte aus Amsterdam, bekam Verhoeven eher schlechte Kritiken. Sein Stand bei der Presse sollte sich jedoch schon mit seinem Zweitwerk Türkische Früchte massiv verbessern. Die Geschichte einer obsessiven Liebe mit Rutger Hauer und Monique van de Ven wurde 1973 für einen Oscar in der Kategorie bester ausländischer Film nominiert. Bei Das Mädchen Keetje Tippel setzte Verhoeven wiederum auf das Hauptdarsteller Duo Rutger und van den Ven. Der Film kam bei den Medien weniger gut an und Verhoeven wurde erstmal wegen seines stilistischen Gebrauchs von exzessiver Gewalt und Sex kritisiert. Dennoch, oder wahrscheinlich gerade deswegen, genießt der Film noch heute Kultstatus.
1977 brachte ihm das zweite Weltkriegsdrama Der Soldat von Oranien das Wohlwollen der Kritiker zurück. Mit mehr als 1,5 Millionen Besuchern war er zudem der erfolgreichste Film des Jahres an den Kinokassen in Holland. In den USA, in denen der Film erst zwei Jahre später in die Kinos kam, gewann Der Soldat von Oranien 1980 einen Golden Globe.
Mit Spetters und Der vierte Mann folgten Anfang der Achtziger zwei weitere viel beachtete holländische Filmproduktionen, bevor Verhoeven 1985 in die USA auswanderte.
Für seinen erste Hollywoodproduktion Fleisch + Blut verwendete er Drehbuchsequenzen der Floris-Fernsehserie. Wie schon in der Serie wurde die männliche Hauptrolle mit Rutger Hauer besetzt, dem Verhoeven mit Jennifer Jason Leigh einen kongenialen weiblichen Counterpart an die Seite stellte. Gedreht wurde der Mittelalterliche Söldnerstreifen in Spanien.
1987 schaffte Verhoeven mit dem Sci-Fiction-Actionspektakel RoboCop den großen Durchbruch und etablierte sich als einer der erfolgreichsten Regisseure der Gegenwart. Dadurch konnte er 1990 die Philip K. Dick Verfilmung Total Recall mit dem bis dahin höchsten Budget der Filmgeschichte (65 Millionen Dollar) umsetzen.
Mit dem provokativen Basic Instinct sorgte Verhoeven für Entrüstungsstürme in konservativen Kreisen. Besonders eine Szene in der zu sehen ist, dass Sharon Stone keine Unterwäsche trägt, brachte zahlreiche selbsternannte Moralhüter in den USA auf die Palme. Nichtsdestotrotz erhielt der Film zwei Oscar Nominierungen. Mit Showgirls schob Verhoeven einen weiteren Erotikthriller nach. Der Film floppte komplett und gilt allgemein als sein schwächstes Werk.
Starship Troopers dagegen zeigte Verhoeven wieder von seiner besten Seite. Die satirische Adaption des Romans von Robert A. Heinlein. wurde von vielen Journalisten missverstanden und seine ironische Kritik an Militarismus und Faschismus als Verherrlichung selbiger fehlinterpretiert. Sowohl Starship Troopers als auch Verhoevens nächster Film Hollow Man - Unsichtbare Gefahr wurden mit Oscars für die besten Spezialeffekte ausgezeichnet.
2006 kehrte Verhoeven nach Holland zurück, um dort erstmals nach über 20 Jahren einen Film zu drehen.
Verhoeven wandte sich dabei wie schon 1977 bei Der Soldat von Oranien dem zweiten Weltkrieg als Thema zu. Ebenfalls wie 1977 gelang es Verhoeven 2006 mit Black Book die meisten Zuschauer des Jahres in die niederländischen Kinos zu locken.
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